Gerichtspressestelle

Sie lesen den Originaltext

Vielen Dank für Ihr Interesse an einer Übersetzung in leichte Sprache. Derzeit können wir Ihnen den Artikel leider nicht in leichter Sprache anbieten. Wir bemühen uns aber das Angebot zu erweitern.

Vielen Dank für Ihr Interesse an einer Übersetzung in Gebärden­sprache. Derzeit können wir Ihnen den Artikel leider nicht in Gebärdensprache anbieten. Wir bemühen uns aber das Angebot zu erweitern.

Stand: 11.11.2022, 00:00

Hamburger zum Richter des Einheitlichen Patentgerichts in der Lokalkammer Hamburg ernannt

Am 19. Oktober 2022 wurde Dr. Stefan Schilling, Richter am Hanseatischen Oberlandesgericht, zum Richter der Hamburger Lokalkammer des Einheitlichen Patentgerichts (EPG) ernannt, das voraussichtlich im April 2023 seine Arbeit aufnehmen wird.

EPG Schilling quer
© HansOLG Presse

Die Einrichtung des EPG geht auf ein Abkommen der meisten EU-Mitgliedsstaaten zurück und soll künftig Rechtsstreitigkeiten um europäische Patente vereinheitlichen und erleichtern. Es besteht aus einem Gericht erster Instanz mit einer Zentralkammer in Paris und mehreren Lokal- und Regionalkammern in den Mitgliedstaaten sowie aus einem Berufungsgericht, das sich in Luxemburg befinden wird. Außer in Hamburg wird es deutsche Lokalkammern in Düsseldorf, Mannheim und München geben. Neben Herrn Dr. Schilling wurde für die Hamburger Lokalkammer Frau Sabine Klepsch aus Düsseldorf berufen.

Herr Dr. Schilling trat im September 2007 nach einer zweijährigen Anwaltstätigkeit mit Schwerpunkten im Gewerblichen Rechtsschutz und im Medizinrecht in den höheren Justizdienst der Freien und Hansestadt ein. Nach Stationen am Amtsgericht Hamburg-St. Georg gehörte er ab 2010 für mehrere Jahre der IPR-, Wettbewerbs- und Patentkammer des Landgerichts Hamburg (ZK 27) an. Von März 2016 bis Februar 2019 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Bundesgerichtshof und dort an den u.a für Marken-, Wettbewerbs-, und Urhebersachen zuständigen I. Zivilsenat abgeordnet. Nach einer weiteren Abordnung an das Hanseatische Oberlandesgericht, wo er dem für Patent-, Marken- und Wettbewerbsrecht zuständigen 3. Zivilsenat angehörte, und einer Tätigkeit in einer Urheberrechtskammer des Landgericht Hamburg (ZK 10) wurde Herr Dr. Schilling im Februar 2021 zum Richter am Oberlandesgericht ernannt. Er gehört hier dem für Marken-, Wettbewerbs-, Design- und Urheberrecht zuständigen 5. Zivilsenat an und wird daneben künftig als Richter des Einheitlichen Patentgerichts tätig sein. Herr Dr. Schilling ist Mitautor eines Kommentars zum Wettbewerbsrecht und eines Werks zum Prozessrecht für den Gewerblichen Rechtsschutz.

Das Einheitliche Patentgericht ist ein gemeinsames Gericht der Vertragsmitgliedstaaten und wird damit das erste grenzüberschreitend tätige Zivilgericht mit einer eigenen Verfahrensordnung sein. Es ist zuständig für Streitigkeiten über die Gültigkeit oder die Verletzung europäischer Patente, also solcher, die von dem Europäischen Patentamt (EPA) erteilt worden sind und aufgrund dieser Prüfung in den einzelnen Staaten validiert werden können, und über die Gültigkeit oder die Verletzung sog. Einheitspatente, die künftig aufgrund eines einzigen Verfahrens vor dem EPA einheitlichen Patentschutz in den teilnehmenden Mitgliedsstaaten bieten sollen. Für diese Streitigkeiten tritt das Einheitliche Patentgericht, vorbehaltlich einer siebenjährigen Übergangsfrist, an die Stelle der nationalen Gerichte, deren Zuständigkeit bislang zu parallel geführten Patentstreitigkeiten in verschiedenen Staaten nach unterschiedlichen Verfahrensregeln führen kann. Die Vereinheitlichung des Rechtsschutzsystems verspricht nach den Zielen der Vertragsstaaten höhere Rechtssicherheit bei niedrigeren Kosten.

Die Lokal- und Regionalkammern sind grundsätzlich mit drei rechtlich qualifizierten Richtern aus mindestens zwei verschiedenen Vertragsstaaten besetzt. Für die Hamburger Lokalkammer wird das dritte rechtlich qualifizierte Mitglied des Spruchkörpers aus dem multinationalen Richterpool des Gerichts zugeteilt. Ein technisch qualifizierter Richter oder eine technisch qualifizierte Richterin kann auf Antrag einer der Parteien hinzugezogen werden. Die Hinzuziehung ist obligatorisch, wenn die Kammer über eine Nichtigkeitswiderklage zu entscheiden hat.

Die Einrichtung des Einheitlichen Patentgerichts und die Schaffung des europäischen Einheitspatents sind Teil des sog. Patent-Reform-Pakets der Europäischen Union, das aus EU-Verordnungen und dem Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgerichts (EPGÜ) vom 19. Februar 2013 besteht. Nach den ursprünglichen Planungen sollte das Einheitliche Patentgericht seine Arbeit bereits im Laufe des Jahres 2019 aufnehmen, jedoch wurden die Vorbereitungsarbeiten nach dem Brexit-Referendum in Großbritannien im Juni 2016 zunächst unterbrochen. Inzwischen steht die Hinterlegung der deutschen Ratifizierungsurkunde Ende 2022 unmittelbar bevor, so dass das Abkommen dann zum 1. April 2023 in Kraft treten würde.

Die Hamburger Lokalkammer wird ihren Sitz im Ziviljustizgebäude am Sievekingplatz haben, wo mit dem dortigen Plenarsaal und mehreren Büros schon in den Jahren 2015/16 entsprechende Räumlichkeiten hergerichtet wurden. In den Verwaltungsaufgaben und Kostenverfahren wird die Lokalkammer von der am Hanseatischen Oberlandesgericht tätigen Rechtspflegerin Carolin Bauch unterstützt.