Finanzgericht Hamburg

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Beweisaufnahme

Erklärung der einzelnen Beweismittel

Da es im Finanzprozess nur eine Tatsacheninstanz gibt, ist hier allseits besondere Sorgfalt auf die Sachverhalts-Feststellungen zu verwenden. Diese können vor dem BFH nur noch mit Revisionsrügen angegriffen werden (§ 118 Abs. 2 FGO).

Die Untersuchungspflicht des Gerichts geht von der fristgerechten Mitwirkung der Beteiligten bei der Sachverhaltsermittlung aus (§ 76, § 79b FGO).

Erst wenn der Sachverhalt sich nicht durch informatorische Anhörung, durch einfache Auskünfte und aufgrund beiderseitiger unstreitiger Erklärungen feststellen lässt, wird über entscheidungserhebliche Tatsachen förmlich Beweis erhoben. Zu einer näheren Befassung mit einem Sachverhaltspunkt oder zu einer Beweisaufnahme kommt es jedoch nicht, soweit das Gericht keine Tatsachendiskrepanz aus dem Vorbringen der Beteiligten erkennen kann oder wenn sich mangels Beweisantrags oder mangels sonst ersichtlicher Beweismöglichkeiten keine weitere Aufklärung aufdrängt. Ebenso wie das Gericht nach Beweisaufnahme ohne überzeugendes Ergebnis (§ 96 FGO) gemäß Feststellungslast urteilt, kann es vorher gemäß Darlegungslast oder Beweisantrittslast entscheiden. Grundsätzlich trägt jeder Beteiligte die Beweislast für die seinen Standpunkt stützenden Tatsachen, so z. B. im Steuerprozess das Finanzamt für steuererhöhende Einnahmen oder der Steuerpflichtige für steuermindernde Ausgaben.

Das FG darf Tatsachenfeststellungen anderer Gerichte durch Beiziehung der dortigen Akten wie Urkunden verwerten. Zur unmittelbaren Beweisaufnahme ist es nur dann verpflichtet, wenn eine solche substantiiert beantragt wird oder sich anderweitig aufdrängt.

Zusätzliche Mitwirkungspflichten gelten für die Kläger bei Auslandssachverhalten gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 AO. Gegenüber den meisten Ländern ist eine finanzprozessuale Rechtshilfe staatsvertraglich nicht vorgesehen. Auslandszeugen sind daher vom Kläger nach Terminsabsprache zur hiesigen Vernehmung zu stellen; es sei denn, darauf wird nach einer schriftlichen oder protokollierten telefonischen Befragung verzichtet.

Wenn ein Beweisantrag nicht gestellt oder zwar gestellt und in der abschließenden mündlichen Verhandlung nicht zu Protokoll wiederholt wird, geht die BFH-Rechtsprechung von einem stillschweigenden Verzicht aus (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO). Dann kann die unterlassene oder fehlerhafte Beweisaufnahme in der Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr gerügt werden; daran scheitern diese Rechtsmittel häufig.

Zulässig ist auch ein Hilfsbeweisantrag nur für den Fall, dass das Gericht nicht bereits aus anderen Gründen zu der vom Beweisführer gewünschten Entscheidung kommt.

Grundsätzlich soll das Gericht vor Beginn der Beweisaufnahme ausdrücklich durch Beweisbeschluss über das Beweisthema und die Beweismittel entscheiden (§ 82 FGO i.V.m. § 358 bzw. § 450 ZPO). Im Finanzprozess wird die Beweisaufnahme i.d.R. nicht von einem Kostenvorschuss gemäß § 68 GKG abhängig gemacht.

Nach der gesetzlichen Grundregel sind die Beweise von dem für die Entscheidung zuständigen Senat oder Einzelrichter in der mündlichen Verhandlung zu erheben; möglich ist auch eine Beweiserhebung durch einen beauftragten Richter oder durch ein anderes Gericht als Rechtshilfegericht (§ 81 FGO). Jedoch kann der Vorsitzende oder der Berichterstatter einzelne Beweise erheben, soweit es zur Vereinfachung sachdienlich erscheint und soweit von vornherein anzunehmen ist, dass das Gericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß würdigen kann (§ 79 Abs. 3 FGO); dementsprechend erhebt der Berichterstatter Beweise über einfache wirtschaftliche Sachverhalte, wenn sich (aufgrund verschiedener Nachprüfbarkeit) keine schwierigen Glaubwürdigkeitsfragen stellen. Nötigenfalls ist eine Wiederholung oder eine Gegenüberstellung von Zeugen, Beteiligten oder Sachverständigen vor dem Senat denkbar.

Die einzelnen Beweismittel entsprechen im Wesentlichen denen der anderen Verfahrensordnungen, insbesondere des Zivilprozesses:

  • Richterliche Augenscheinseinnahme (§ 82 FGO i.V.m. §§ 371 - 372a ZPO, z.B. Ortstermin);
  • Zeugen (§§ 82, 87 FGO i.V.m. §§ 373 - 377, 380 - 382, 386 - 401 ZPO; Hilfspflichten zur Vorlage von Schriftstücken und Auszügen aus Geschäftsbüchern; Zeugnisverweigerung § 84 FGO i.V.m. §§ 101 - 103 AO; kein Bankgeheimnis nach § 30a AO);
  • Sachverständige und gutachtliche amtliche Auskünfte (§§ 82, 88 FGO i.V.m. §§ 402 - 414 ZPO), auch in Kombination mit anderen Beweismitteln denkbar, z.B. mündliches Sachverständigengutachten mit Augenscheinseinnahme im Ortstermin;
  • Beteiligtenvernehmung (§ 82 FGO i.V.m. §§ 450-455 ZPO);
  • Urkunden und Akten (§§ 71, 86, 89, 76 Abs. 1 Satz 4 FGO, §§ 97, 90 Abs. 2 AO, § 380 ZPO).

Über die Ablehnung eines Beweisantrags entscheidet das FG nicht durch gesonderten Beschluss, sondern i.d.R. erst in den Urteilsgründen. Ein Beweisantrag darf nur abgelehnt werden bei

  • offenkundigen (d.h. allgemein oder gerichtsbekannten Tatsachen;
  • unerheblichen Tatsachen,
  • schon bewiesenen Tatsachen,
  • völliger Ungeeignetheit des Beweismittels,
  • Unerreichbarkeit des Beweismittels,
  • Prozessverschleppung oder Prozessverzögerung bei Präklusion nach Ausschlussfrist (§§ 79b, 76 Abs. 3 FGO);
  • Tatsachenbehauptungen, die als wahr unterstellt werden können.

Die vorbeschriebene förmliche Beweisaufnahme ist zu unterscheiden von der bloßen Glaubhaftmachung (§ 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO) im summarischen Verfahren, z.B. bei Anträgen auf Wiedereinsetzung (§ 56 FGO), Aussetzung der Vollziehung (§ 69 FGO) oder einstweilige Anordnung (§ 114 FGO). Einerseits genügt bei der Glaubhaftmachung im Unterschied zur Beweis-Überzeugung (§ 96 FGO) eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, z.B. aufgrund eidesstattlicher Versicherungen (§ 294 Abs. 1 ZPO). Andererseits braucht das Gericht im summarischen Verfahren nur präsente Beweismittel zu beachten, die in schriftlicher Form vorgelegt worden sind oder die - im Fall einer mündlichen Verhandlung - sofort erhoben werden können (z.B. vom Beweisführer mitgebrachte Zeugen). Anträge auf erst noch herbeizuschaffende Beweismittel dürfen im summarischen Verfahren ohne weiteres abgelehnt werden.