Finanzgericht Hamburg

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Entscheidungsarchiv 2007

Entscheidungsarchiv 2007

FG Hamburg 4 V 371/07 - Beschluss

17.12.2007

Abgabenordnung, Prozessrecht: Nichtigkeit eines Steuerbescheides - Zulässigkeit einer einstweiligen Anordnung

1. Zur Zulässigkeit einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, der Behörde die Vollstreckung eines nichtigen Verwaltungsaktes zu untersagen.

2. Nichtigkeit eines Steuerbescheides im Zusammenhang mit einer Steuerhinterziehung wegen fehlender Begründung und nicht erkennbaren Schätzungserwägungen.

FG Hamburg 8 K 61/07 - Urteil

14.12.2007

Einkommensteuer: Versagung des negativen Progressionsvorbehalts - Nichtanwendung des § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 lit. a) EStG

Die Versagung des Progressionsvorbehalts in Bezug auf negative Einkünfte aus der Vermietung einer in Portugal belegenen Wohnung ist gemeinschaftsrechswidrig.

FG Hamburg 5 K 132/05 - Urteil

13.12.2007

Umsatzsteuer: Dienstleistungen eines Versicherungsvertreters

Nur derjenige handelt als Versicherungsvertreter, der alle wesentlichen Aspekte der Versicherungsvermittlungstätigkeit erfüllt.

Rev. Az: V R 7/08

FG Hamburg 6 K 131/06 - Urteil

12.12.2007

Körperschaftsteuer: Verdeckte Gewinnausschüttung und Stiftungsleistungen

Zuwendungen an eine gemeinnützige Stiftung sind nur dann im Rahmen der Spendenhöchstbeträge des § 9 Abs. 1 KStG abziehbar, wenn die Stiftungsleistungen nicht durch das Geschäftsverhältnis überlagert werden.

Ob eine gesellschaftliche Überlagerung vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und ist Tatfrage.

Hierbei kommt es auch darauf an, ob die zuwendende Gesellschaft bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters eine ähnlich hohe Spende einer anderen öffentlich-rechtlichen oder gemeinnützigen Körperschaft nicht gewährt hätte.

Nzb. Az:

I B 19/08

FG Hamburg 6 K 74/06 - Urteil

12.12.2007

Umsatzsteuer: Zur umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage, wenn der Mieter auf die Verzinsung einer hingegebenen Mietkaution verzichtet

Umsatzsteuerliches Entgelt kann auch darin bestehen, dass der Leistungsempfänger dem Leistenden Kapital überlässt und auf eine Verzinsung des hingegebenen Kapitals verzichtet.

Verzichtet ein Mieter auf die Verzinsung einer von ihm geleisteten Mietkaution, kann die unentgeltliche Kapitalüberlassung sonstiges Entgelt für den Empfang der Mietsache sein.

FG Hamburg 1 K 183/06 - Urteil

11.12.2007

Einkommensteuergesetz: Negativer Arbeitsohn

1. Kündigt der Arbeitgeber seine Beteiligung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), bevor der Arbeitnehmer seine Wartezeit von 60 Monaten erfüllen konnte, entsteht grundsätzlich negativer Arbeitslohn.

2. Maßgeblich für die Höhe des negativen Arbeitslohnes sind die individuell lohnversteuerten Umlagen abzüglich eines Abschlages für in Anspruch genommene Versicherungsleistungen.

FG Hamburg 1 K 278/04 - Urteil

11.12.2007

Fördergebietsgesetz, Abgabenordnung: Anschaffung eines Grundstücks durch Konservierungsgesellschaft

1. Der Anspruch auf Sonderabschreibungen für ein abnutzbares unbewegliches Wirtschaftsgut nach dem FördG setzt dessen Anschaffung bis zum Ende des Jahres seiner Fertigstellung voraus. Der Begriff der Anschaffung ist nach den für das Ertragsteuerrecht geltenden Maßstäben dahin auszulegen, dass der Erwerb wirtschaftlichen Eigentums erforderlich, aber auch ausreichend ist.

2. Maßgebend für die Zurechnung eines Grundstücks aufgrund wirtschaftlichen Eigentums i.S.v. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ist insbesondere, dass dem Berechtigten dessen Substanz und Ertrag zustehen. Bei einer Übertragung ist dies grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Fall, in dem Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten i.S.d. § 446 BGB auf den Erwerber übergehen.

Rev. Az:

IX R 9/08

FG Hamburg 4 K 137/04 - Urteil

10.12.2007

Mineralölsteuerrecht: Verwendung von Erdgas in einer Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage

1. Die Erstattung des vollen Mineralölsteuersatzes nach § 25 Abs. 3 Nr. 4.1 MinöStG (1999) setzt voraus, dass das begünstigte Erdgas tatsächlich sowohl zur Erzeugung von Kraft als auch von Wärme verwendet worden ist.

2. Nicht begünstigt wird der Einsatz von Gas unmittelbar in einen dem Stromerzeuger nachgeschalteten Abhitzekessel, um dort die Temperatur der erzeugten Wärme zu erhöhen.

FG Hamburg 7 K 112/07 - Urteil

05.12.2007

Einkommensteuer: Unterhaltszahlungen an vermögende Unterhaltsberechtigte, Anerkennung als außergewöhnliche Belastung

1. Die zivilrechtliche Würdigung der Zumutbarkeit, ein Vermögen zum Unterhalt einzusetzen, ist für die steuerrechtlich nach § 33a EStG zu treffende Entscheidung nicht bindend.

FG Hamburg 7 K 147/06 - Urteil

05.12.2007

Fördergebietsgesetz, Einkommensteuer: Entnahme ist kein anschaffungsähnlicher Vorgang i.S. des FördG

1. Die Entnahme entspricht nicht einer Anschaffung i.S. des FördG (gegen BMF-Schreiben vom 24. Dezember 1996, BStBl I 1996, 1516 Tz. 5).

2. Ein Anbau an ein bestehendes Gebäude ist dann ein selbständiges Gebäude, wenn er mit dem Altgebäude nach bautechnischen Kriterien nicht verschachtelt ist. Dies gilt unabhängig von einem etwaig bestehenden Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit einem Altbau.

3. Der Restwert i.S.d. § 4 Abs. 3 FördG ist die AfA-Bemessungsgrundlage für nachträgliche Herstellungsarbeiten an einem Altbau.

Rev. Az:

IX R 1/08

FG Hamburg 7 K 71/06 - Urteil

05.12.2007

Umsatzsteuer: Anforderungen an den Belegnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen

1. CMR-Frachtbriefe sind regelmäßig keine ausreichenden Nachweise über die Versendung des Gegenstandes der Lieferung ins übrige Gemeinschaftsgebiet. Ihre Funktion besteht vielmehr im Nachweis des Beförderungsvertrags und der Übernahme des Gutes durch den Frachtführer.

2. Ein Gutglaubensschutz (im Sinne von § 6a Abs. 4 UStG) ist erst zu prüfen, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten (nach §§ 17a ff UStDV) nachgekommen ist.

Nzb, Az:

XI B 5/08

FG Hamburg 6 K 350/04 - Urteil

28.11.2007

Gewerbesteuer: Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen

1. Unterhält ein Betrieb Kontokorrentkredite und Eurokredite bei verschiedenen Kreditinstituten, so können diese als einheitliche Schuld zu behandeln sein, wenn die Verknüpfung durch einen Poolvertrag dem Kreditnehmer die Inanspruchnahme in der benötigten Größenordnung und die längerfristige Nutzung der Kreditmittel sichert.

2. Kontokorrentschulden sind keine sog. Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs, wenn aus den Umständen der Kreditgewährung geschlossen werden muss, dass trotz der äußeren Form des Kontokorrentkontos dem Unternehmer ein bestimmter Mindestkredit dauerhaft zur Verfügung sehen soll.

Rev. Az:

IV R 2/08

FG Hamburg 3 K 75/07 (auch Az. 3 K 205/07) - Urteil

27.11.2007

Finanzgerichtsordnung / Zivilprozessordnung /Doppel-besteuerungsabkommen: Vollmacht-Ausschlussfrist ggü. Berufsvertreter/ Befangenheit-Anhörungsrüge/DBA-Verständigungsverfahren

1. Eine Ausschlussfrist zur Vollmachtsvorlage kann gegenüber einem Berufsvertreter bei (wenn auch nur geringen) begründeten Zweifeln gesetzt werden; konkrete Anhaltspunkte ergeben sich aus dem Fehlen von Erklärungen oder Rechtsmittel- bzw. Klagebegründungen, speziell nach Verstreichen von Einreichungsfristen oder fruchtloser Erinnerung.

2. Auch nach rechtskräftigem Urteil eröffnet der sonst bestehende Anlass für ein Doppelbesteuerungs-Verständigungsverfahren die Möglichkeit einer einseitigen deutschen Abhilfe.

Beschw. Az:

I B 22/08

FG Hamburg 4 K 45/07 - Urteil

15.11.2007

Ausfuhrerstattung: Rückforderung von Ausfuhrerstattung, Ergänzung von fehlenden Angaben im Beförderungspapier

1. Fehlende Angaben im Beförderungspapier können durch andere Unterlagen - wie beispielsweise den Frachtauftrag - ergänzt werden.

2. Die Behörde hat im Rückforderungsverfahren alle Unterlagen zu prüfen und zu berücksichtigen, die zum konkreten Ausfuhrvorgang gelangt sind.

FG Hamburg 3 K 250/06 - Urteil

14.11.2007

Einkommensteuer: Spendenabzug der an gemeinnützige Organisation überwiesenen Fernsehquiz-Siegprämie?

1. Für eine Zuwendung an eine gemeinnützige Organisation ist derjenige persönlich abzugsberechtigt, der durch die Zahlung wirtschaftlich belastet ist.

2. Wird die Siegprämie einer Fernsehquizshow auf Bestimmung des Gewinners einer gemeinnützigen Organisation zugewendet, so setzt die Abzugsfähigkeit bei ihm voraus, dass er über die Siegprämie frei hat verfügen können.

3. Sehen die Vertragsbedingungen des Produktionsunternehmens vor, dass die prominenten Kandidaten des Ratespiels jeweils eine gemeinnützige Organisation als Begünstigten der Siegprämie benennen, so kann davon ausgegangen werden, dass ein prominenter Kandidat sich durch seine Teilnahme konkludent mit dieser Regelung einverstanden erklärt, wenn ihm und allgemein bekannt ist, dass die prominenten Kandidaten jeweils einen gemeinnützigen Empfänger benennen und dies auch von jedem prominenten Kandidaten erwartet wird.

FG Hamburg 7 K 22/07 - Urteil

09.11.2007

Einkommensteuer: Abzugsfähigkeit von vorweggenommenen vergeblichen Aufwendungen als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung

Vergebliche Aufwendungen stehen dann nicht mit einer Einkunftsart in einem wirtschaftlichen Zusammenhang, wenn die Entscheidung, Einkünfte einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, nicht endgültig getroffen wurde.

Nzb. Az:

IX B 238/07

FG Hamburg 5 K 153/06 - Vorlagebeschluss

07.11.2007

Körperschaftsteuer: Ausgabenabzugsverbot bei steuerfreien Bezügen aus Beteiligungen - Vorlagebeschluss zur Verfassungsmäßigkeit des § 8b Abs. 3 und Abs. 5 KStG

Es wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22.12.2003 (Bundesgesetzblatt I 2003, 2840, Bundessteuerblatt I 2004, 14) mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes insoweit vereinbar ist, als typisierend 5 vom Hundert der Bezüge im Sinne des Abs. 1 bzw. von dem jeweiligen Gewinn im Sinne des Abs. 2 S. 1, 3 und 5 als Ausgaben gelten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden würfen, ohne dass der Nachweis niedrigerer Betriebsausgaben gestattet ist.

FG Hamburg 4 K 114/07 - Beschluss

07.11.2007

Kostenrecht: Streitwert: Erteilung einer Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung von Mineralöl

1. Der Streitwert einer Klage auf Erteilung einer Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung von Mineralöl bemisst sich grundsätzlich nach dem Betrag des jährlichen Nutzens dieser Erlaubnis.

2. Wir die Erlaubnis auf unbestimmte Zeit erstrebt, ist dieser Umstand streitwerterhöhend durch eine entsprechende Anwendung des § 42 Abs. 5 Satz 1 GKG n. F. (= § 17 Abs. 4 Satz 1 GKG a. F.) zu berücksichtigen.

FG Hamburg 8 K 44/07 - Urteil

06.11.2007

Einkommensteuer: Doppelte Haushaltsführung

Sind beide Ehegatten berufstätig und haben sie eine gemeinsame Wohnung am Beschäftigungsort, kommt eine doppelte Haushaltsführung nur in Betracht, wenn die bisherige Wohnung am Heimatort auch weiterhin als Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen anzusehen ist.

FG Hamburg IV 169/05 - Beschluss

31.10.2007

Kostenrecht: Streitwert im AdV-Verfahren

Der Streitwert im Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung ist mit 25 % des Streitwerts der Hauptsache anzusetzen (Änderung der Rechtsprechung).

FG Hamburg 6 K 326/04 - Urteil

09.10.2007

Abgabenordnung: Änderung von Steuerbescheiden; Rechtserheblichkeit

Ein bestandskräftiger Steuerbescheid ist wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen oder Beweismittel (hier: Höhe des Anteils der im Inland ausgeübten nichtselbständigen Tätigkeit eines Flugbegleiters) zu Gunsten des Steuerpflichtigen zu ändern, wenn es zwar möglich ist, dass das Finanzamt bei ursprünglicher Kenntnis dieser Tatsachen oder Beweismittel nicht anders entschieden hätte, im Ergebnis aber wahrscheinlicher ist, dass das Finanzamt den Steuerpflichtigen zutreffend veranlagt hätte.

FG Hamburg 6 K 262/04 - Urteil

09.10.2007

Einkommensteuer, Körperschaftsteuer: Teilwertabschreibung auf Beteiligungen

Ein für den nächsten Veranlagungszeitraum erwarteter und durch Kaufangebote, die am Bilanzstichtag vorliegen, konkretisierter Verlust bei der Veräußerung von Beteiligungen rechtfertigt nicht notwendig eine Teilwertabschreibung, wenn sich der erwartete Verlust nicht in den Faktoren niederschlägt, die den sog. inneren Wert einer Beteiligung ausmachen (v.a. Ertragslage und Ertragsaussichten, Vermögenswert und funktionale Bedeutung der Beteiligung).

FG Hamburg 2 K 188/06 - Urteil

04.10.2007

Abgabenordnung: Zur Anfechtung wegen Gläubigerbenachteiligung gem. § 3 AnfG

1. Für die Frage der Gleichwertigkeit der erhaltenen Gegenleistung ist im Rahmen des § 3 Abs.2 AnfG der Wertvergleich unter Einbeziehung der Interessen der Gläubiger vorzunehmen.

2. Auch bei einem Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO kommt eine Anfechtung gem. § 3 Abs.1 AnfG in Betracht.

FG Hamburg 4 K 99/06 - Urteil

02.10.2007

Ausfuhrerstattung: Lieferungen an Streitkräfte, Bestimmungsnachweis, Vorlage gleichwertiger Unterlagen

1. Bei Direktlieferungen ist der Nachweis darüber, dass das Erzeugnis seine Bestimmung erreicht hat, durch Vorlage des sog. Abwicklungsscheines zu führen.

2. Im Hinblick auf Lieferungen hat der Gemeinschaftsverordnungsgeber nur im Falle der Nicht-Direktlieferung die Anerkennung gleichwertiger Unterlagen geregelt. In Bezug auf Direktlieferungen beurteilt sich die Zulässigkeit der Vorlage von Alternativnachweisen nach Maßgabe des EuGH-Urteils vom 28.6.2007 (C-1/06).

FG Hamburg 3 K 17/07 - Beschluss

02.10.2007

Finanzgerichtsordnung/Zivilprozessordnung: Unparteilichkeit eines richterlichen Hinweises

Eine Besorgnis der Befangenheit ergibt sich nicht schon aus einem richterlichen Hinweis zur bisherigen Rechtsprechung und zu den Fragen der Erfolgsaussicht der Verpflichtungsklage (auf Erbschaftsteuer-Billigkeitserlass nach Erblasser-Ermordung) oder der Revisionszulassung; naturgemäß sind derartige Hinweise vor Verfahrensabschluss nur vorläufig und vorbehaltlich besserer Argumente und Erkenntnisse zu verstehen.

FG Hamburg 6 K 94/05 - Urteil

28.09.2007

Einkommensteuer: Zur beschränkten Steuerpflicht von Entlassungsabfindungen vor Einführung des Buchstaben d in § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG durch das Steueränderungsgesetz 2003 vom 15.12.2003 (BGBl I 2003, 2645)

Entlassungsabfindungen werden zur Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und des damit einhergehenden Verlusts künftigen Arbeitsverdiensts gezahlt.

Entlassungsabfindungen werden damit nicht für die Ausübung einer Tätigkeit, sondern für deren Beendigung gezahlt. Sie gehören deshalb nicht zu den beschränkt steuerpflichtigen inländischen Einkünften i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a EStG, die eine Ausübung oder Verwertung nichtselbständiger Arbeit voraussetzen.

Daher ergab sich bis zur Einführung des Buchstaben d in § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG durch das Steueränderungsgesetz 2003 vom 15.12.2003 (BGBl I 2003, 2645) mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 bei Zufluss einer Entlassungsabfindung an beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer kein deutscher Besteuerungsanspruch.

Rev. Az:

I R 81/07

FG Hamburg 6 K 202/04 - Urteil

28.09.2007

Abgabenordnung: Zur Gewinnkorrektur nach § 160 AO und zur Gewinnhinzuschätzung nach § 162 AO bei Domizilgesellschaften

Die Vorschrift des § 160 AO verfolgt das Ziel, mögliche Steuerausfälle zu verhindern, die dadurch eintreten können, dass der Empfänger geltend gemachter Betriebsausgaben die Einnahmen bei sich nicht steuererhöhend erfasst. Dementsprechend ist § 160 AO nur anwendbar, wenn eine Leistungsbeziehung mit einem "Gläubiger" oder "Empfänger" besteht. Bestehen hingegen Forderungen, braucht der Schuldner nicht benannt zu werden; dieser ist kein "Empfänger". Auf gewinn- und steuermindernde Vorgänge, die nicht "Schulden und Lasten" betreffen, ist die Vorschrift nicht anwendbar.

Die Unterhaltung von Geschäftsbeziehungen zu (Domizil-)Gesellschaften im niedrig besteuernden Ausland dient in der Regel dazu, die inländische Steuerbelastung zu mindern und steuerliche Erträge in das Ausland zu verlagern. Eine Schätzung, die dessen ungeachtet davon ausgeht, dass Erträge aus dem niedrig besteuernden Ausland -im Streitfall: der Schweiz- in das Inland vermittelt werden, verstößt gegen das Schlüssigkeitsgebot einer Schätzung und ist zu verwerfen.

FG Hamburg 8 K 2/07 - Beschluss

12.09.2007

Finanzgerichtsordnung: Kostenverteilung bei übereinstimmender Erledigungserklärung

Bei ungewissem Ausgang des Rechtsstreits sind die Kosten des Verfahrens den Beteiligten i. d. R. zu gleichen Teilen aufzuerlegen.

FG Hamburg 3 K 49/07 - Urteil

07.09.2007

Kindergeldrecht: Verlust des inländischen Wohnsitzes

Verbleibt ein Grundschulkind zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern nach einem Urlaub für knapp zwei Jahre im Heimatland der Eltern und kommt es während dieser Zeit nur während der dortigen Schulferien für wenige Wochen ins Inland, so hat es auch dann grundsätzlich keine inländischen Wohnsitz mehr, wenn die Familie ihre Inlandswohnung nicht aufgegeben hat, der Vater im Inland seiner Berufstätigkeit nachgeht und der Verbleib im Heimatland nicht geplant gewesen ist, sondern sich erst aufgrund der eintretenden Pflegebedürftigkeit der Großmutter ergeben hat.

FG Hamburg 3 K 91/06 - Zwischenurteil

04.09.2007

Erbschaftsteuer: Nachversteuerung zuvor als betrieblich begünstigten Vermögens

1. Selbst wenn ererbtes Vermögen zu Unrecht als Betriebsvermögen erbschaftsteuerlich begünstigt worden ist, führt ein Verstoß gegen die Behaltensregeln zur Nachversteuerung.

2. Auch das in § 13a ErbStG nicht genannte Betriebsvermögen eines freiberuflichen Einzelbetriebs ist begünstigt und bei Verstoß gegen die Behaltensregeln nachzuversteuern.

3. Gewerblich kann das vom Erfinder ererbte Einzelunternehmen sein aufgrund Vermutung nach Eintragung im Handelsregister, aufgrund Betriebsaufspaltung oder aufgrund der über eine Abwicklung hinausgehenden Tätigkeit des berufsfremden Erben.

FG Hamburg 1 K 249/06 - Urteil

30.08.2007

Abgabenordnung: Gutschrift und Konten im Sinne von § 224 Abs. 2 Nr. 2 AO, Säumniszuschläge

1. Für den durch § 224 Abs. 2 Nr. 2 AO gesetzlich fingierten Zeitpunkt, zu dem eine Zahlung bei Überweisung als entrichtet gilt, ist auf den Tag der Verbuchung der Gutschrift auf dem Konto der Finanzbehörde abzustellen. Dies gilt auch dann, wenn die Wertstellung gegebenenfalls zu einem früheren Tag erfolgt.

2. Die Finanzbehörden sind grundsätzlich frei in ihrer Entscheidung, bei welchen Kreditinstituten sie Konten zu Entgegennahme von Zahlungen im Sinne des § 224 Abs. 2 Nr. 2 AO unterhalten oder schließen. Insbesondere besteht keine Verpflichtung, auch ein Konto bei Kreditinstituten mit hoher Kundenzahl zu unterhalten, um dadurch Steuerpflichtigen institutsintern gleichtägige Buchungen von Belastung und Gutschrift zu ermöglichen.

3. Bestreitet ein Steuerpflichtiger u.a. die Entstehung von Säumniszuschlägen dem Grunde nach, hat die Finanzbehörde hierüber einen Bescheid i.S.d. § 218 Abs. 2 AO zu erlassen. Erst gegen diesen sind Einspruch und Anfechtungsklage eröffnet.

4. Die Einziehung von Säumniszuschlägen ist bei regelmäßiger Ausschöpfung der Schonfrist nach § 240 Abs. 3 AO durch den Steuerpflichtigen und wiederholter Verwirkung von Säumniszuschlägen in der Vergangenheit nicht sachlich unbillig, wenn die Gutschrift des Steuerbetrags bei der Finanzbehörde erst am Tag nach Ablauf der Frist des § 240 Abs. 3 AO erfolgt und sich damit das mit der Ausnutzung der Schonfrist bewusst eingegangene Risiko verwirklicht.

FG Hamburg 5 K 198/06 - Urteil

29.08.2007

Umsatzsteuer: Umsatzsteuerbefreiung für Lotsenversetzdienst

Leistungen des Lotsenversetzdienstes sind nicht von der Umsatzsteuer befreit, weil sie nicht gegenüber dem Schifffahrtsunternehmen erbracht werden, sondern gegenüber staatlichen Stellen, die ihrerseits den Lotsenversetzdienst als hoheitliche Maßnahme erbringen.

FG Hamburg 5 K 145/05 - Urteil

29.08.2007

Gemeinnützigkeitsrecht: Bau und Betrieb einer Solaranlage als Förderdung gem. § 52 Abs. 1, 2 Nr. 1 AO

1. Zur Beurteilung der tatsächlichen Geschäftsführung eines Vereins mit dem Satzungszweck der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre an einer Hochschule auf dem Gebiet der Erneuerbaren Energien, der eine Solaranlage errichtet und betrieben hat.

2. Eine satzungsgemäße Förderung ist nicht nur durch das Sammeln von Spendengeldern und deren Weiterleitung an die Hochschule möglich.

3. Bau und Betrieb der Solaranlage müssen einen tatsächlichen Bezug zum oben genannten Satzungszweck haben.

FG Hamburg 4 K 142/07 - Urteil

28.08.2007

Zollrecht: Keine Geltung der Vorlagefristen des Zahlungsverfahrens im Rückforderungsverfahren

Die ursprünglich vorgelegten Beförderungspapiere sind anzuerkennen. Mit den ergänzten Frachtbriefen ist der erforderliche Nämlichkeitsnachweis unstreitig erbracht. Dass die ergänzten Frachtbriefe erst nach Ablauf der Vorlagefristen des Art. 47 Abs. 2 und Art. 48 Abs. 2a Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 vorgelegt wurden, ist unschädlich, da diese Fristen im Rückforderungsverfahren nicht anzuwenden sind.

FG Hamburg 2 K 8/06 - Urteil

24.08.2007

Einkommensteuer: Anforderungen an die Darlegung der Vermietungsabsicht

1. Das Bestehen einer Vermietungsabsicht kann nur anhand erkennbarer äußerer Merkmale festgestellt werden. Dem Kläger obliegt insoweit die Darlegungs- und Beweislast.

2. Es ist bei einer seit Jahren leer stehenden Wohnung nicht ausreichend, um eine Vermietungsabsicht darzulegen, wenn ein- bis zweimal im Jahr Zettel an Bäumen etc. aufgehängt werden. Erforderlich ist es, die Vermietungsbemühungen zu steigern bzw. umzustellen, wenn ersichtlich ist, dass die bisher getroffenen Maßnahmen zu keinem Erfolg führen.

Nzb Az.:

IX B 186/07

FG Hamburg 2 K 215/05 - Urteil

24.08.2007

Umsatzsteuer: Keine gemeinsame Veranlagung zweier Unternehmer

1. Die örtliche Zuständigkeit für die Umsatzsteuer liegt bei Vermietungsleistungen regelmäßig am Ort der Geschäftsleitung i.S.d. § 10 AO, unabhängig davon, in welchem Bezirk das vermietete Grundstück belegen ist.

2. Ein Unternehmer kann einen Vorsteuerabzug nur für die Leistungen beanspruchen, die für sein eigenes Unternehmen erbracht wurden. Er kann nicht verlangen, mit einem anderen Unternehmer gemeinsam zur Umsatzsteuer veranlagt zu werden.

3. Das gilt auch dann, wenn beide Unternehmer und das Finanzamt mit einer gemeinsamen Veranlagung einverstanden sind. Die Annahme einer dahingehenden tatsächlichen Verständigung kommt grundsätzlich nicht in Betracht.

NZB Az.:

V B 215/07

FG Hamburg 6 K 253/05 - Urteil

21.08.2007

Umsatzsteuer: Ort der sonstigen Leistungen von Personalberatern

Die Suche und Auswahl von Fach- und Führungskräften durch Personalberatungsunternehmen kann eine sonstige Beratungsleistung i. S. d. § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG darstellen.

Beratungsleistungen in diesem Sinne liegen jedenfalls dann vor, wenn sich die vertraglich geschuldete Leistung als ein einheitlicher Beratungsprozess erweist, der die personalwirtschaftliche Analyse der in Frage stehenden Position sowie der Unternehmensstrategie und des betrieblichen Umfelds der Auftraggeber, die Erarbeitung und Diskussion des fachlichen und persönlichen Anforderungsprofils der vakanten Position, die Überprüfung der fachlichen und persönlichen Qualifikation von Bewerbern – ggf. unter Einsatz psychometrischer Verfahren - , die Diskussion mit den Auftraggebern über die einzuladenden Bewerber und die – fakultative – Beratung bei der Festlegung von Einstellungs-, Arbeits- und Vergütungsbedingungen umfasst.

FG Hamburg 1 K 118/07 - Beschluss

20.08.2007

Kindergeld, Finanzgerichtsordnung: Grenzen der gerichtlichen Überprüfung einer Abzweigungsentscheidung

1. Stellen das Bundesverwaltungsamt, ausländische Behörden und der andere, mit den Kindern im EU-Ausland wohnhafte, Elternteil einen Antrag auf Abzweigung des vollen Kindergeldes an den anderen Elternteil gemäß § 74 EStG und tragen alle gleichlautend - unter ergänzender Beifügung eines Urteils in Unterhaltssachen - vor, der Kindergeldberechtigte komme seiner Unterhaltspflicht seit langer Zeit nicht nach, so ist die Ermessensentscheidung einer vollständigen Abzweigung nicht fehlerhaft, wenn der Kindergeldberechtigte im Verwaltungsverfahren trotz wiederholter Aufforderung keinerlei Nachweise über von ihm behauptete, tatsächlich erbrachte Unterhaltsleistungen erbringt.

2. Erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Nachweise über möglicherweise erbrachte Unterhaltsleistungen lassen die Ermessensentscheidung der Familienkasse als solche nicht fehlerhaft werden und führen nicht zur gerichtlichen Kassation der angefochtenen Abzweigungsentscheidung für bereits abgelaufene Monate. Wegen grundsätzlicher Dauerwirkung der Abzweigungsentscheidung hat indes eine erneute Ermessensausübung der Familienkasse für die Zukunft unter Berücksichtigung der weiteren Erkenntnisse von Amts wegen zu erfolgen.

FG Hamburg 7 K 99/04 - Urteil

20.08.2007

Einkommensteuer: Versicherungsleistung als Anschaffungskostenminderung

Leistungen der Baumehrpreisversicherung mindern die Anschaffungskosten.

FG Hamburg 7 V 78/07 - Beschluss

18.08.2007

Umsatzsteuer: Gemeinschaftsrechtliche Steuerbefreiung von sonstigen Glücksspielen mit Geldeinsatz ungeklärt

Es bestehen ernsthafte rechtliche Zweifel, ob das in Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG (früher: Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie) den Mitgliedstaaten eingeräumte Ermessen, Bedingungen und Beschränkungen der Steuerbefreiung von sonstigen Glücksspielen mit Geldeinsatz festzulegen, durch die Änderung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG ab 6. Mai 2006 gemeinschaftsrechtskonform ausgeübt wurde.

Beschw. V B 192/07

FG Hamburg 5 K 160/06 - Urteil

17.08.2007

Einkommensteuergesetz: Doppelte Haushaltsführung, wenn beide Ehepartner auch am Beschäftigungsort wohnen?

Die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung sind nicht erfüllt, wenn beide Ehepartner mit der gemeinsamen Tochter am Beschäftigungsort wohnen und von dort jeweils ihrer Beschäftigung nachgehen, am Heimatort aber ihre bisherige Wohnung beibehalten.

FG Hamburg 1 K 25/07 - Urteil

09.08.2007

EStG: Keine Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und ständig wechselnden Tätigkeitsstätten

1. Für die Wege eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und ständig wechselnden Tätigkeitsstätten ist die Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nicht anzusetzen.

2. Die Aufwendungen für solche Fahrten sind in der nachgewiesenen oder glaubhaft gemachten Höhe abziehbar.

3. Die Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG kommt auch bei den Fahrten nicht zur Anwendung, die sich im üblichen Arbeitsstättenbereich des Arbeitnehmers befinden (30-km-Grenze). Die Regelung des BMF-Schreibens vom 26.10.2005 (IV C 5-S 2353- 211/05, BStBl I 2005, 960) unter III. beinhaltet deswegen eine unzutreffende Auslegung des anzuwendenden Rechts.

Rev. Az.:

VI R 47/07

FG Hamburg 1 K 15/05 - Urteil

07.08.2007

EStG: Unfallbedingter Mehraufwand im Rahmen der Einkunftsgrenze beim Kindergeld.

Bei einem Kind, welches eine Unfallrente enthält, ist der Grenzbetrag gem. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG um den unfallbedingten Mehraufwand, den das Kind zu tragen hat, zu erhöhen. Ähnlich wie dem behinderten Kind behinderungsbedingter Mehrbedarf zugebilligt wird, muss dem verletzten Kind ein Mehrbedarf zugebilligt werden, der sich durch die Unfallfolgen ergibt.

Rev. Az:

III R 74/07

FG Hamburg 3 K 70/07 - Urteil

18.07.2007

Grunderwerbsteuer/Abgabeordnung: Festsetzungsverjährung nach Anzeige des Eigentumsübergangs

Die Anzeige des Grundstücks-Eigentumsübergangs löst den Beginn der Feststellungsverjährung aus, wenn sie an das zuständige Finanzamt gerichtet ist und eindeutig einen grunderwerbsteuerlichen Sachverhalt bezeichnet.

NZB Az.: II B 48/07

FG Hamburg 2 K 243/06 - Urteil

09.07.2007

Einkommensteuerrecht: Drittaufwand bei Werbungskosten

1. Die Aufwendungen sind nicht nur im Fall der Abkürzung des Zahlungsweges dem Steuerpflichtigen zurechenbar, sondern ebenso, wenn der Dritte im eigenen Namen für den Steuerpflichtigen einen Vertrag abschließt und aufgrund dessen auch selbst die geschuldete Zahlung leistet. Auch in diesem Fall des abgekürzten Vertragswegs wendet der Dritte dem Steuerpflichtigen Geld zu und bewirkt dadurch zugleich dessen Entreicherung, indem er mit der Zahlung an den Leistenden den Vertrag erfüllt.

2. Das anderslautende BMF-Schreiben vom 09.08.2006 Az.: IV C 3 S 221-21/06 beinhaltet dementsprechend eine unzutreffende Auslegung des anzuwendenden Rechts.

Rev. Az: IX R 45/07

FG Hamburg 2 K 310/04 - Urteil

09.07.2007

Einkommensteuerrecht, Abgabeordnung: Vertrauensschutz gem. § 176 Abs. 2 AO

Für einen Vertrauensschutz gem. § 176 Abs. 2 AO ist es erforderlich, dass die geänderten Ausgangsbescheide auf einer für rechtswidrig erklärten Verwaltungsvorschrift beruhen. Dies ist nicht der Fall, wenn die in den Änderungsbescheiden zum Ausdruck gekommene Rechtsanwendung einer vertretbaren Auslegung der zur Zeit der Ausgangsbescheide geltenden Verwaltungsvorschriften entsprach.

NZB Az:

X B 182/07

FG Hamburg 1 V 59/07 - Beschluss

29.06.2007

Abgabenordnung: Haftung des GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers bei verdeckter Gewinnausschüttung

1. Der Haftungsschuldner, der als alleiniger Vertreter einer Gesellschaft zur Anfechtung der dieser gegenüber ergangenen Steuerfestsetzungen in der Lage war, ist im Haftungsverfahren nach § 166 AO mit verfahrens- oder materiellrechtlichen Einwendungen gegen die Steuerfestsetzungen ausgeschlossen, wenn er diese ohne Einspruchseinlegung bestandskräftig werden ließ.

2. Die Berufung auf eine Weisungsgebundenheit gegenüber dem (Mehrheits-)Gesellschafter führt nicht zum Ausschluss einer Haftung.

3. Bezahlt ein Gesellschafter-Geschäftsführer nach Leistungsinhalt und -umfang unspezifizierte Rechnungen, die er der Gesellschaft in seiner Eigenschaft als Einzelunternehmer gestellt hat, zumal ohne dass hierüber schriftliche Verträge geschlossen oder zumindest Niederschriften gemäß § 35 Abs. 4 Satz 2 GmbHG aufgenommen wurden, verstößt er gegen seine Pflichten als Geschäftsführer und bewirkt verdeckte Gewinnausschüttungen. Wird die Gesellschaft dadurch außerstande gesetzt, die aus diesem Grund absehbar später fällig werdenden Steuern zu zahlen, stellt bereits dies eine Pflichtverletzung iSd § 69 AO dar.

4. Bei einer solchen Sachlage kann sich ein in Haftung genommener Geschäftsführer zu seiner Entlastung nicht darauf berufen, er habe auf eine ordnungsgemäße Handhabung, Prüfung und Steuererklärung durch den von ihm mandatierten Steuerberater vertraut.

FG Hamburg 4 K 137/06 - Urteil

29.06.2007

Mineralölsteuer: keine Mineralölsteuererstattung bei entwendetem Mineralöl

§ 53 MinöStV ist einschränkend in der Weise zu interpretieren, dass sich die ausgefallene Forderung nicht auf Mineralöl beziehen darf, welches sich der Warenempfänger zuvor durch eine Straftat bemächtigt hat.

FG Hamburg 3 K 237/06 - Urteil

28.06.2007

AO / EStG / EGV: Vollmacht / Wiederkehrende Bezüge von im EU-Ausland ansässigem Geber

1. Eine per Fax erteilte Vollmacht reicht im Verwaltungsverfahren aus.

2. Freiwillig von einem im EU-Ausland ansässigen Geber privat gewährte wiederkehrende Bezüge sind beim inländischen Empfänger nicht mittels Umkehrschluss-Auslegung von § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG steuerbar; die Umkehrschluss-Auslegung verstößt gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 12 EGV.

Rev. Az:

X R 42/07

FG Hamburg 4 K 341/03 - Urteil

19.06.2007

Ausfuhrerstattung: Gültigkeit von Warenverkehrsbescheinigungen

Vertrauensschutz nach Art. 220 Abs. 2 ZK setzt formell einwandfreie Warenverkehrsbescheinigung voraus.

FG Hamburg 2 K 190/06 - Urteil

18.06.2007

Abgabenordnung: Voraussetzungen eines Ergänzungsbescheides gem. § 179 Abs. 3 AO

1. Der Kläger bestimmt durch eine Verpflichtungsklage selbst den Umfang seiner Klage. Beantragt er den Erlass eines Ergänzungsbescheides gem. § 179 Abs. 3 AO, obliegt es nicht dem Gericht, zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Änderungsnorm bezüglich des Feststellungsbescheides vorliegen.

2. Das Ergänzungsverfahren ist ein selbständiges Verwaltungsverfahren, denn der Ergänzungsbescheid ist seiner Art nach ein Feststellungsbescheid und kann wie dieser selbständig angefochten werden.

3. Ob eine notwendige Feststellung in einem Feststellungsbescheid enthalten ist, ist durch Auslegung des Feststellungsbescheides zu ermitteln.

4. Bei der Feststellung, ob Sonderwerbungskosten vorliegen, handelt es sich um eine notwendige Feststellung.

5. Wenn Sonderwerbungskosten in Höhe von 0,00 € erklärt und festgesetzt werden, trifft das Finanzamt auch eine Entscheidung über Sonderwerbungskosten.

6. Stellt sich später heraus, dass tatsächlich Sonderwerbungskosten angefallen sind, deren Feststellung zu Unrecht unterblieb, ist der Feststellungsbescheid nicht lückenhaft, sondern unrichtig.

7. Fehler bei der Ermittlung der Höhe des Gewinns sind ausschließlich über die Änderungsnormen zu korrigieren.

Revision Az:

IX R 43/07

FG Hamburg 2 K 84/05 - Urteil

18.06.2007

Einkommensteuer, Abgabeordnung: Überschusserzielungsabsicht bei Vermietung von Ferienwohnungen; Änderung von Bescheiden nach § 173 AO bei beiderseitigen Pflichtverstoß

1. Ein Bescheid, aus dem nicht klar hervorgeht, ob er den vorangegangenen Bescheid aufheben oder ändern soll, kann nichtig sein.

2. Werden Ferienzimmer durch den Steuerpflichtigen nicht nur vermietet oder zur Vermietung bereitgehalten, sondern auch zur unentgeltlichen Unterbringung von Gästen und damit selbst genutzt, ist die Überschusserzielungsabsicht nicht typisierend zu unterstellen, sondern anhand einer Prognoserechnung für den Zeitraum von 30 Jahren festzustellen.

3. Die Berufung Des Finanzamtes auf eine Änderungsbefugnis nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ist nach Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn ihm die neue Tatsache vor Erlass des zu ändernden Bescheides infolge Verletzung der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht verborgen geblieben ist. Diese Einschränkung gilt jedoch nicht, wenn der Steuerpflichtige seinerseits die ihm obliegenden Mitwirkungspflichten verletzt hat und der Pflichtverstoß des Finanzamtes nicht überwiegt.

4. Ein fachkundig vertretener Steuerpflichtiger ist jedenfalls dann verpflichtet, in der Steuererklärung auf eine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinzuweisen, wenn seine Auffassung auch sonst keine Stütze in Rechtsprechung, Verwaltungsauffassung oder Literatur findet.

FG Hamburg 2 K 248/05 - Urteil

18.06.2007

Ertragsteuerrecht: Zur Einordnung der Tätigkeit eines Bildberichterstatters

Eine freiberufliche Tätigkeit eines Journalisten bzw. Bildberichterstatters im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG setzt voraus, dass der Steuerpflichtige die Wirklichkeit selbst unmittelbar geistig aufnimmt und als Nachricht weitergibt. Nicht ausreichend ist demgegenüber ein fotografisches Arrangement von Objekten, die dem Fotografen von dritter Seite als abzubildende Wirklichkeit vorgegeben wurde.

Nzb. Az:

VIII B 96/07

FG Hamburg 5 K 110/06 - Urteil

12.06.2007

Strafbefreiungserklärungsgesetz: Anrechnung von Zinsabschlagsteuer, wenn Kapitaleinkünfte im Rahmen einer strafbefreienden Erklärung nacherklärt werden

Werden Kapitaleinkünfte nur im Rahmen der strafbefreienden Erklärung nach dem StraBEG nacherklärt, kommt eine Anrechnung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer nicht in Betracht, weil die Kapitaleinkünfte dann nicht bei der Veranlagung erfasst worden sind. Ebenso wenig besteht ein allgemeiner Erstattungsanspruch hinsichtlich der einbehaltenen Kapitalertragsteuer.

Der Umstand, dass bei Anlagen i. S. des AuslandsInvG/InvStG der Zinsabschlag kumuliert für mehrere Jahre im Zeitpunkt der Veräußerung vorgenommen wird, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

FG Hamburg 3 K 71/07 - Urteil

07.06.2007

Grunderwerbsteuer: Erwerb der Verwertungsbefugnis durch Treugeber

Der Grunderwerbsteuer gegen den Treugeber auf den Erwerb der Verwertungsbefugnis an dem durch den Treuhänder gekauften Grundstück ist der mit diesem notariell geschlossene Treuhandvertrag zugrunde zu legen - im Unterschied zu einem behaupteten anderweitigen formunwirksamen Treuhandverhältnis.

FG Hamburg 3 K 54/05 - Urteil

30.05.2007

Finanzgerichtsordnung: Kostenlast trotz Klageerfolg

Die Kläger tragen die Kosten, wenn das Gericht der Klage nicht aus den von ihnen vorgetragenen Gründen, sondern deswegen stattgibt, weil sich ein anderer Sachverhalt als wahr herausgestellt hat, der nicht oder nicht rechtzeitig vorgetragen worden ist.

FG Hamburg 3 K 142/06 - Urteil

30.05.2007

Einkommensteuerrecht: Rückwirkende Feststellung von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften aufgrund der Änderung des Jahressteuergesetzes 2007

1. Einer Feststellung von privaten Veräußerungsverlusten, die vor dem 1. Januar 2007 entstanden sind, steht es nicht entgegen, dass der Einkommensteuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr bereits bestandskräftig ist.

2. Die Feststellung hat gemäß § 52 Abs. 39 Satz 7 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2878) dann zu erfolgen, wenn am 1. Januar 2007 die Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen ist, die bei rückwirkender Anwendung der Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 9, 2. Halbsatz in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 gilt.

Rev. Az:

IX R 44/07

FG Hamburg 3 K 215/06 - Urteil

29.05.2007

Einkommensteuer: Vorsorgeaufwendungen Vorwegabzug

Ein geschäftsführender GmbH-Gesellschafter mit Pensionszusage kann bei seiner Einkommensteuer-Veranlagung Vorsorgeaufwendungen nur in der nach Kürzung des Vorwegabzugs verbleibenden Höhe abziehen, wenn seine Mitgesellschafterin (eine Kapitalgesellschaft) bei unveränderter quotaler Gewinnverteilung keine Pensionszusage erhält.

Nzb, Az:

X B 229/07

FG Hamburg 6 K 200/05 - Zwischengerichtsbescheid

29.05.2007

Umsatzsteuer: Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von mit einer Grundstücklieferung verbundenen Generalübernehmerleistungen

Nach den Grundsätzen der Einheitlichkeit der Leistung bilden die Lieferung eines unbebauten Grundstücks und die Bauleistungen nach einem Generalübernehmervertrag einen einheitlichen Grundstücksumsatz "Lieferung eines bebauten Grundstücks", wenn die Leistung nach dem Parteiwillen und der tatsächlichen Durchführung so miteinander verbunden worden sind, dass die eine Leistung nicht ohne die andere Leistung ausgeführt werden konnte.

Rev. Az:

V R 50/07

FG Hamburg 6 K 28/07 - Urteil

25.05.2007

Einkommensteuer/Grundgesetz: Berücksichtigung von Spekulationsgewinnen in 1996

Für das Streitjahr 1996 bleibt § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b) EStG anwendbar.

FG Hamburg 7 K 276/06 - Urteil

23.05.2007

Kraftfahrzeugsteuer

1. Die nach Insolvenzeröffnung entstehende Kraftfahrzeugsteuer ist solange Masseverbindlichkeit, bis der Insolvenzverwalter das betreffende Fahrzeug freigibt oder abmeldet. Auf die tatsächliche Nutzung der Fahrzeuge für die Insolvenzmasse kommt es nicht an, da der kraftfahrzeugsteuerrechtliche Grundtatbestand durch die fortdauernde Zulassung, die das fortdauernde Halten i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG darstellt, erfüllt wird.

2. Die Anzeige der (drohenden) Masseunzulänglichkeit steht der Festsetzung der Steuerschuld durch Kraftfahrzeugsteuerbescheid nicht entgegen, da die angezeigte Masseunzulänglichkeit nur für ein Verfahren gegen das Leistungsgebot bzw. für das Vollstreckungsverfahren von Bedeutung ist. Die Regelung des Kraftfahrzeugsteuerbescheids geht über eine Feststellung, in welcher Höhe die Steuerschuld besteht, nicht hinaus.

FG Hamburg 8 K 18/07 - Beschluss

03.05.2007

Prozessrecht: Gegenvorstellung gegen Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache

Auch die Gegenvorstellung hat als unerlässliche Zulässigkeitsvoraussetzung, dass der Rechtsmittelführer durch die angegriffene gerichtliche Entscheidung beschwert ist.

FG Hamburg 4 K 12/07 - Beschluss

02.05.2007

Prozess- und Vollstreckungsrecht: Vollstreckung gegenüber dem Bund – Antrag nach § 152 FGO

Der Gläubiger muss dem Vollstreckungsschuldner Gelegenheit geben, die Vollstreckung durch freiwillige Leistung abzuwenden. Die Länge der dem Vollstreckungsschuldner einzuräumenden Frist richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles.

FG Hamburg 2 K 163/06 - Urteil

25.04.2007

KStG/GmbH-Gesetz: Verdeckte Gewinnausschüttung bei Rückzahlung des Stammkapitals an die Gesellschafter

Wird das zunächst voll eingezahlte Stammkapital an die Gesellschafter zurückgezahlt, ohne dass Zinsen berechnet werden, liegt insoweit eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn die Rückzahlung des Stammkapitals handelsrechtlich nicht zulässig gewesen ist.

FG Hamburg 2 K 123/06 - Urteil

25.04.2007

Gewerbesteuer: Gewerbeertrag bei der Tonnagebesteuerung

1. Der nach § 5a EStG im Wege der sog. Tonnagebesteuerung ermittelte Gewinn gilt gem. § 7 Satz 2 bzw. 3 GewStG als Gewerbeertrag. Ausnahmen können sich aus dem Objektcharakter der Gewerbesteuer ergeben, wenn eine Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung vorliegt. Das gilt zumindest für den Zeitraum bis zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes zum 01.01.2002.

2. Der Gewinn, der durch die teilweise Auflösung des Unterschiedsbetrages auf Grund der Bezahlung des Fremdwährungsdarlehens entstanden ist, ist gewerbesteuerpflichtig.

Rev. Az.:

IV R 30/07

FG Hamburg 2 K 207/05 - Urteil

25.04.2007

Einkommensteuergesetz: Übertragung einer § 6b-Rücklage bei Tonnagesteuer?

1. Der Begriff des Steuerpflichtigen im Rahmen des § 6b Abs. 4 EStG ist in der Weise auszulegen, dass auch die Gesellschaft, auf die die Rücklage übertragen wird, Steuerpflichtiger ist und dementsprechend ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder 5 EStG ermitteln muss.

2. Die Übertragung ist unzulässig, wenn die Gesellschaft, auf die die Rücklage übertragen werden soll, (hier als Partenreederei) ihren Gewinn gem. § 5a EStG (Tonnagesteuer) ermittelt.

FG Hamburg 2 K 239/05 - Urteil

25.04.2007

Einkommensteuer: Wertpapiere im gewillkürten Betriebsvermögen einer Rechtsanwaltssozietät

1. Wechselt die Zuständigkeit auf Beklagtenseite durch einen behördlichen Organisationsakt nach Erlass der Einspruchsentscheidung, aber vor Klageerhebung, so ist die Klage gegen das neu zuständig gewordene Finanzamt zu richten.

2. Bildet eine Rechtsanwaltssozietät eine Liquiditätsreserve, die ausschließlich Büroinvestitionen dienen soll, kann sie die dieser Reserve zugeführten Mittel auch in gängigen und nicht verlustgeneigten Aktien oder Fondsanleihen anlegen, ohne dass dadurch der betriebliche Förderungszusammenhang gelöst würde.

3. Die Widmung der Wertpapiere zum gewillkürten Betriebsvermögen ist ausreichend dokumentiert, wenn ein sachverständiger Dritter – wie z.B. ein Betriebsprüfer – sie ohne weitere Erklärung des Steuerpflichtigen erkennen kann. Der Steuerpflichtige braucht nicht bei Abgabe der Steuererklärung auf die Bildung von Betriebsvermögen hinzuweisen.

FG Hamburg 3 K 64/06 - Urteil

17.04.2007

Umsatzsteuer: Ermäßigter Steuersatz für Zeitschriften

1. Eine Special-Interest-Zeitschrift (hier auf dem Gebiet der Immobilien) unterliegt dem ermäßigten Steuersatz, wenn die Zeitschrift nach Gesamtwürdigung von Aufmachung, Inhalt und erkennbarem Herausgabezweck nicht überwiegend Werbung enthält, d. h. richtlinienkonform ausgelegt: nicht im Wesentlichen Werbezwecken dient.

2. Auch verfassungsrechtlich setzt der zum Regelsteuersatz zurückführende Ausnahmetatbestand eine eindeutig mögliche Abgrenzung des Werbemittelcharakters voraus, wie nach Zielsetzung, Inhalt und Verteilungsart.

3. Wenn allein auf eine zeitweise Überschreitung eines 50 % Anzeigenanteils abgestellt würde, bestünde ein strukturelles Erhebungsdefizit.

FG Hamburg 5 K 193/06 - Urteil

19.04.2007

Finanzgerichtsordnung: Bezeichnung des Klägers mit Wohnanschrift in der Klage

Die Zulässigkeit einer Klage erfordert, dass der Kläger mit seiner Wohnanschrift bezeichnet wird. Dies gilt auch, wenn er durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird.

FG Hamburg 3 K 65/07 - Beschluss

11.04.2007

Finanzgerichtsordnung/Zivilprozessordnung/Abgabenordnung: Prozesskostenhilfe und vorläufiger Rechtsschutz bei Zwangsvollstreckung

1. Über Anträge auf Prozesskostenhilfe (§ 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO) für sinngemäß ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kann in dringenden Fällen der Vorsitzende entscheiden (entsprechend § 69 Abs. 3 Satz 5 FGO, vgl. § 114 Abs. 2 Satz 3 FGO).

2. In der Mobiliar-Zwangsvollstreckung darf der Vollziehungsbeamte gemäß § 287 ZPO die Wohnung des Vollstreckungsschuldners nur auf Grund amtsrichterlicher Anordnung durchsuchen oder betreten; insoweit besteht zivilgerichtlicher Rechtsschutz (sofortige Beschwerde, § 793 ZPO).

3. Eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) durch das Finanzgericht gemäß § 69 Abs. 3 FGO setzt voraus, dass der Steuerbescheid oder ein im Rahmen der Vollstreckung ergangener Verwaltungsakt durch Einspruch angefochten worden ist oder wird (§§ 256, 347 AO).

FG Hamburg 7 K 122/06 - Urteil

30.03.2007

Einkommensteuer/Vermögensteuer: Festsetzung von Hinterziehungszinsen zur Einkommensteuer und Vermögensteuer

1. Erlass eines Ergänzungsbescheides über die notwendige Feststellung des auf Hinterziehung entfallenden Anteils des festgestellten Gewinns.

2. Der in einem Ergänzungsbescheid unvollständige Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO kann durch Änderungsbescheid während des Klageverfahrens nachgeholt werden.

Nzb. Az:

IV B 62/07

FG Hamburg 7 K 248/06 - Urteil

30.03.2007

Kraftfahrzeugsteuer/Insolvenzordnung: Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters genügt zur Beendigung seiner Kraftfahrzeugsteuerschuldnerschaft

Die Kraftfahrzeugsteuerschuldnerschaft des Insolvenzverwalters endet mit dem Zugang der Freigabeerklärung beim Insolvenzschuldner. Es ist nicht erforderlich, dass der Insolvenzverwalter gemäß § 5 Abs. 5 KraftStG (analog) eine dem § 27 Abs. 3 StVZO entsprechende Anzeige an die Zulassungsbehörde erbringt.

FG Hamburg 7 K 22/06 - Urteil

30.03.2007

Kraftfahrzeugsteuer: Besteuerung eines Toyota Landcruiser ab Mai 2005

1. Auch ohne Rückwirkung des § 2 Abs. 2a KraftStG ist ein Toyota Landcruiser nach Wegfall des § 23 Abs. 6a StVZO ab 1. Mai 2005 als Personenkraftwagen gemäß § 8 Nr. 1 KraftStG nach Hubraum und Schadstoffemissionen zu besteuern.

2. Die Richtlinie 70/156/EWG i. d. F. der Richtlinie 2001/116/EG ist für kraftfahrzeugsteuerliche Zwecke nicht verbindlich.

Rev. Az:

IX R 26/07

FG Hamburg 1 K 258/06 - Urteil

29.03.2007

Abgabenordnung: Beweislast der Behörde für die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts  bei durch den Adressaten veränderter Postzustellpraxis

1. Die Behörde kann den Nachweis über den Zugang eines schriftlichen Verwaltungsaktes nach § 122 Abs. 2 AO nicht nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises führen. Mit der Aufgabe zur Post ist der Zugang beim Empfänger nicht erwiesen.

2. Die gegenüber zwischen dem Empfänger und dem Briefbeförderungsunternehmen vereinbarte Auslieferung der Post an eine andere Zustelladresse als die originäre Empfängeranschrift kehrt bei langjähriger Durchführung die Beweislast nicht um.

3. Mit der nochmaligen Übersendung einer ausdrücklich als solche gekennzeichneten und nicht neu datierten Kopie eines Bescheides nach Bestreiten des Zugangs durch den Adressaten bringt die Behörde regelmäßig zum Ausdruck, hiermit nicht die Rechtsfolgen einer erneuten Bekanntgabe auslösen zu wollen. Die Behörde hat insoweit mithin keinen Bekanntgabewillen.

4. Gegen nichtige und Nichtverwaltungsakte ist (auch) die Anfechtungsklage statthaft. Dies gilt erst recht, wenn sich die mangelnde Rechtswirksamkeit erst im Rahmen des Klageverfahrens herausstellt.

FG Hamburg 1 K 155/06 - Urteil

29.03.2007

Umwandlungssteuergesetz: Keine Maßgeblichkeit der Handelsbilanz im Bereich des § 3 UmwStG

Das in § 3 UmwStG statuierte steuerrechtliche Wahlrecht wird nicht durch den Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz eingeschränkt(entgegen

BMF-Schreiben vom 25.03.1998, BStBl I 1998, 268 Tz: 3.01).

Rev. Az: I R 33/07

FG Hamburg 2 K 147/05 - Urteil

23.03.2007

Abgabenordnung: Gesamtplan und Gestaltungsmissbrauch

1. Die Zwischenschaltung einer Gesellschaft beim Kauf von GmbH-Anteilen oder die Beteiligung von Personen als Gesellschafter der Käuferin können rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 42 AO sein, wenn keine wirtschaftlichen Gründe für die Beteiligung dieser Gesellschaft bestehen.

2. Es besteht keine Verpflichtung der Gesellschafter, eine GmbH zu liquidieren, wenn diese noch über Vermögen verfügt oder die GmbH-Anteile (an Dritte) veräußert werden können. Die Veräußerung der GmbH-Anteile ist dann nicht rechtmissbräuchlich.

3. Ein Darlehensvertrag (zwischen nahestehenden Personen) kann auch dann steuerlich anerkannt werden, wenn er in einigen Punkten vom Üblichen abweicht. Die Nichtregelung von Sicherheiten oder Rückzahlungsmodalitäten führt nicht zwangsläufig zur Nichtanerkennung des Darlehensvertrages. Trotz der steuerlichen Wirksamkeit eines Darlehensvertrages können die aus dem Darlehensvertrag resultierenden Zinsen dann nicht berücksichtigt werden, wenn sie trotz Vereinbarung nicht gezahlt, sondern nur gebucht werden.

FG Hamburg 2 K 79/06 - Urteil

23.03.2007

Umsatzsteuer: Ermäßigter Umsatzsteuersatz

Der Verkauf wissenschaftlicher Arbeiten durch Übersendung einer CD-ROM oder durch Bereitstellung der Publikation zum Download als PDF-Datei (ohne Übertragung des Urheberrechts, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Bstb. c UStG) unterfällt nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG.

FG Hamburg 5 K 193/05 - Gerichtsbescheid

19.03.2007

Einkommensteuer: Abgrenzung selbständiger von nichtselbständiger Arbeit

Zur selbständigen Tätigkeit von Regisseur und Kameramann bei Verpflichtung für den Dreh zweier Werbespots durch einen Produzenten.

Rev. Az: VI R 19/07

FG Hamburg 1 K 218/02 - Beschluss

14.03.2007

Finanzgerichtsordnung/Kostenrecht: Kostenentscheidung nach § 138 FGO bei isolierter Aufhebung der Einspruchsentscheidung

Erhebt der Kläger eine Anfechtungsklage, mit der er nicht lediglich isoliert die Einspruchsentscheiduzng angreift, und hebt die Finanzbehörde während des Klageverfahrens lediglich die, den Ursprungsbescheid nur bestätigende, Einspruchsentscheidung auf, ist damit dem prozessualen Anfechtungsbegehren des Klägers nicht stattgegeben. Erklären die Beteiligten gleichwohl den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, ist die Kostenentscheidung auch nicht teilweise nach § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO, sondern allein nach § 138 Abs. 1 FGO zu treffen.

FG Hamburg 6 K 95/05 - Urteil

09.03.2007

Einkommensteuer/EG-Vertrag: Vorweggenommene Werbungskosten im Zusammenhang mit einer im Ausland durchgeführten Ausbildung zur Verkehrsflugzeugführerin

1. Aufwendungen eines beschränkt Steuerpflichtigen für eine im Ausland durchgeführte Ausbildungsmaßnahme sind nicht schon deshalb den inländischen Einkünften zuzuordnen, weil der Steuerpflichtige nach Beendigung der Ausbildung im Inland tätig geworden ist.

2. Die Anerkennung entsprechender Aufwendungen im Inland setzt jedenfalls voraus, dass die Entscheidung des Steuerpflichtigen im Moment der Erwerbshandlung konkret auf die Erzielung steuerbarer Inlandseinkünfte gerichtet ist.

3. Das Erfordernis des unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs der Erwerbsaufwendungen mit inländischen Einkünften entspricht dem Territorialitätsprinzip und verstößt nicht gegen die in den Art. 39 und 49 EG garantierten Grundfreiheiten.

Nzb, Az:

I B 71/07

FG Hamburg 4 K 185/06 - Gerichtsbescheid

01.03.2007

Ausfuhrerstattung/Prozessrecht: Prozesszinsen bei allgemeiner Leistungsklage

Prozessverzinsung von marktordnungsrechtlichen besonderen Vergünstigungen, die im Rahmen einer allgemeinen Leistungsklage geltend gemacht werden.

FG Hamburg 4 K 132/05 - Urteil

15.02.2007

Ausfuhrerstattung: Keine Zurücknahme eines auf unrichtigen Angaben beruhenden Erstattungsantrags

Der auf unrichtigen Angaben beruhende Erstattungsantrag kann nicht mit Wirkung ex tunc zurückgenommen werden. Die Rücknahme der Ausfuhranmeldung bzw. die Ungültigerklärung der Anmeldung kann die Anwendung der Sanktion nicht verhindern.

FG Hamburg 4 K 171/04 - Urteil

15.02.2007

Ausfuhrerstattung: Rückforderung vorschussweise gewährter Ausfuhrerstattung

Wird die Ausfuhrerstattung zu Unrecht gewährt, so muss sie - wenn nicht Vertrauensschutz eingreift - mit Zinsen zurückgezahlt werden. Das gilt für die normal wie für die vorschussweise gewährte Erstattung gleichermaßen. Bei der vorschussweise gewährten Erstattung kommt jedoch hinzu, dass auch eine Vorfinanzierung zu Unrecht in Anspruch genommen worden ist. Für die ungerechtfertige Inanspruchnahme der Vorfinanzierung wird ein Zuschlag vom Ausführer erhoben, der vom Verordnungsgeber mit pauschal 15 % festgesetzt wurde. Die Regelungen beinhalten keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

FG Hamburg 4 K 204/06 - Beschluss

15.02.2007

Ausfuhrerstattung: Sanktion wegen nicht erfolgter Ausfuhr von Erstattungsware in das Drittland

Sind ausschließlich falsche Angaben des Ausführers in der Ausfuhrerklärung nach Art 11 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3665/87 sanktioniert oder ist allein die Nichteinhaltung von materiellen Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs Gegenstand der Sanktion?

FG Hamburg 2 V 222/06 - Beschluss

13.02.2007

Finanzgerichtsordnung: Gerichtliche Aussetzung der Vollziehung (AdV), Zugangsvoraussetzung der drohenden Vollstreckung bei Streit über Rechtmäßigkeit eines Grundlagenbescheides

Die Zugangsvoraussetzungen nach § 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 FGO bei Streit über Rechtmäßigkeit eines Grundlagenbescheides liegen vor, wenn hinsichtlich der Folgebescheide Vollstreckung droht. Die drohende Vollstreckung muss hinsichtlich des Gesellschafters, der Art und des Umfangs so konkret vorgetragen werden, dass die Feststellungen im Grundlagenbescheid erkennbar Ursache der Vollstreckung sind.

FG Hamburg 2 K 106/06 - Urteil

02.02.2007

Abgabenordnung/Insolvenzordnung: Zur Restschuldbefreiung bei Steuerhinterziehung

Steuerforderungen sind auch dann keine Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung im Sinne von § 302 Nr. 1 InsO, wenn eine Steuerhinterziehung gemäß §  370 AO vorliegt.

Rev. Az:

VII R 6/07

FG Hamburg 2 K 21/06 - Urteil

02.02.2007

Abgabenordnung: Zahlungsempfänger i.S.d. § 160 AO bei Zahlung auf Anweisung

1. Schließt ein Steuerpflichtiger mit einem wirtschaftlich tätigen Geschäftspartner (keine Domizilgesellschaft) einen Kaufvertrag ab, so ist dieser Geschäftspartner bzgl. der Kaufpreisforderung Gläubiger und Zahlungsempfänger i.S.d. § 160 AO.

2. Das gilt auch dann, wenn der Geschäftspartner den Steuerpflichtigen anweist, die Zahlung an einen Dritten zu leisten. Denn auch in diesem Fall erlischt die Kaufpreisforderung durch die Zahlung, und die Zahlung fließt dem Geschäftspartner wirtschaftlich zu.

FG Hamburg 4 V 201/06 - Beschluss

24.01.2007

Ausfuhrerstattung: Primärnachweis - Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung

1. Eine nicht durchgeführte Vorortkontrolle kann Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit des Primärnachweises begründen.

2. Zur Frage, ob bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Rückforderung einer endgültig gewährten Ausfuhrerstattung AdV ohne oder mit Sicherheitsleistung zu gewähren ist.

FG Hamburg 7 K 84/06 - Urteil

22.01.2007

Einkommensteuer: Feststellung des verrechenbaren Verlustes bei "vorgezogener" Einlage

Auch bei einem atypischen stillen Gesellschafter führen Einlagen, die zum Ausgleich eines negativen Kapitalkontos geleistet und im Wirtschaftsjahr der Einlage nicht durch ausgleichsfähige Verluste verbraucht werden, regelmäßig zum Ansatz eines Korrekturpostens mit der weiteren Folge, dass Verluste späterer Wirtschaftsjahre auch dann als ausgleichsfähig zu qualifizieren sind, wenn hierdurch (erneut) ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht.

Rev. Az:

IV R 10/07

FG Hamburg 5 K 43/05 - Urteil

18.01.2007

Abgabenordnung/Einkommensteuer: Erlass von Steuern nach Nichtigerklärung der Rechtsgrundlage durch das BVerfG?

§ 79 Abs. 2 S. 1 BVerfGG verbietet grundsätzlich die Korrektur bestandskräftiger Steuerbescheide  mittels Billigkeitserlass gemäß §227 AO.

FG Hamburg 8 K 74/06 - Urteil

17.01.2007

Einkommensteuer: Ordnungsgemäßes Fahrtenbuch

1. Die berufliche Verschwiegenheitspflicht eines Wirtschaftsprüfers führt nicht dazu, dass die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG) zu reduzieren sind.

2. Berufliche Reisen, die sich über mehrere Tage erstrecken, dürfen nicht zu einem Eintrag zusammengefasst werden.

FG Hamburg 1 V 216/06 - Beschluss

12.01.2007

Finanzgerichtsordnung/Einkommensteuer: Betriebsunterbrechung durch Verkauf und gleichzeitige Bildung einer § 6b EStG Rücklage

1. Zulässigkeit eines Antrags auf gerichtliche Aussetzung der Vollziehung, wenn der Steuerpflichtige zuvor gegen die Ablehnung der Aussetzung durch die Finanzbehörde Einspruch eingelegt hat und wenn die Finanzbehörde den Einspruch während des anhängigen gerichtlichen Eilverfahrens zurückweist.

2. Keine bloße Betriebsunterbrechung bei Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlagen; Betriebsaufgabe ohne ausdrückliche Erklärung und trotz entgegenstehender subjektiver Einschätzung des Betriebsinhabers durch die Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter.

3. Die betriebliche Identität des vormals werbenden Unternehmens setzt sich in einer nach § 6b Abs. 3 EStG aus dem Erlös der vollständigen Veräußerung gebildeten Rücklage nicht fort; die plangemäße Reinvestition des Veräußerungserlöses in neues Anlagevermögen stellt mithin keine Fortsetzung des ursprünglichen Betriebes dar.